Das Dithering – der finale Schritt beim Mastering

Was bedeutet Dithering eigentlich?

Erstaunlich, aber dieser Begriff hat sich noch nicht bis in alle Bereiche des Musikproduzierens herumgesprochen – nicht zu sprechen von der technischen Bedeutung. Dies liegt wohl daran, dass in vielen Tonstudios noch mit einigem analogen Equipment gearbeitet wird, welches vom Titelbeginn bis Ende durchgehend ein feines Hintergrundrauschen erzeugt und die spätere Aufnahme bei der Wandlung ins CD-kompatible 16Bit-Format gewissermaßen ’natürlich‘ gedithert wird. Andererseits verfügt nicht jeder, der produziert, abmischt, mastert – gerade im Semipro- und Hobbybereich – über die entsprechend hochwertigen Wiedergabegeräte, um das zu hören, wofür man Dithering eigentlich anwendet.

Es geht vornehmlich um kleinste Signalpegel, vornehmlich im hohen Frequenzbereich, die, wiedergegeben bei erhöhter Lautstärke und aufgelöst in nur 16Bit, nicht mehr ganz so sauber klingen, wie innerhalb des internen Bearbeitungsprozesses von 32 und mehr Bits. Da die CD aber nun vorwiegend das ‚Endmedium‘ der Aufnahme ist und handelsüblich mit 16Bit vorliegt, musste ein Weg gefunden werden, diesen, wenn auch nicht für jeden Hörer wahrnehmbaren, Klangverlust wenigstens teilweise zu kompensieren. Dies erledigt das Dithering.

Wo entsteht der Verlust?

Wie im Kapitel Auflösung und Datenformat schon kurz angerissen, hört man diesen ‚Verdreckungseffekt‘ vor allem an zarten Titelanfängen und -enden und innerhalb einer Aufnahme bei musikalischen Pausen, in denen wenig mehr zu hören ist als das normale Hintergrundrauschen. Dieses ist übrigens in unseren Tagen kaum noch in anderen Produktionen zu finden als in denen, welche vorwiegend mikrofonierte Instrumente in den Mix einbinden (Vocals, akustische Gitarre, Piano etc.). Bei reinen ‚Computerproduktionen‘ ist Grundrauschen aufgrund der Art und Weise, wie Musik in der ‚Konserve‘ entsteht bzw. digital weiterbearbeitet wird, zum Glück als Thema weit in den Hintergrund gerückt.

Mit dem gesunden Ohr kann man nun bei einer Aufnahme, die für die CD-Produktion in 16Bit umgewandelt wurde, an den oben genannten Stellen unter Umständen ein unregelmäßiges, aber fast impulsartiges, leises ‚Klickern‘ hören. Leise, aber in Abhängigkeit von der z.B. gerade abklingenden Frequenz, kann dies schon recht gut wahrgenommen werden. In diesem Moment stehen dem Signal im Wandler nur noch wenige der vormals verfügbaren 32Bit zur Verfügung; diese müssen nun das gesamte Signal in soviel wie möglich Pegelstufen auflösen. Unterhalb etwa 8Bit ist mangels ausreichender Feinstufung mehr und mehr ein unschönes Signal, welches auch als Quantisierungsrauschen bezeichnet wird, zu hören – das ‚Klickern‘ oder ‚Bitklappern‚.

 

ungedithertes Signal – 16Bit Truncation (verstärkt für bessere Hörbarkeit)

Die obige Aufnahme dient nur zur besseren Vorstellung, wie eine Hallfahne ohne Dithering klingen würde, wenn die unteren Bits nicht interpoliert, sondern lediglich abgeschnitten werden (Truncation). Der Pegel wurde für diese Demonstration entsprechend kräftig erhöht.

Am Ende der Masteringkette setzt man nun ein Tool ein, welches ein Signal erzeugt, das im Normalfall als einer der größten Störenfriede im Audiomaterial angesehen wird: Rauschen. Dieses ist jedoch sehr fein dosiert und oft auch im Spektrum ‚vorbehandelt‘. Addiert man dieses Rauschsignal niedrigen Pegels zum Fade-Out oder der extrem leisen Zäsur in der Aufnahme, dann werden die Bits, welche vorher teils chaotisch, aber auch teils periodisch eine ungewollte Art ‚Klangmuster‚ erzeugten, mit der Auflösung des Rauschens beschäftigt. Das ‚Klappern‘ verschwindet. Die Struktur des Niedrigst-Signals wird wesentlich chaotischer in seinen Pegelverläufen über der Zeitachse und damit auch für das Ohr natürlicher. Wahrgenommen wird nun ein leises Rauschen, was als Kompromiss zum vorherigen Geräusch als angenehmer (nicht-)wahrgenommen wird.

3 Dithering-VSTs

die letzte Bearbeitungsstufe im Ozone – (Brickwall-) Limiter & Dithering

funktionell und spartanisch – das IDR von WAVES

Limiter & Dithering mit Waveshaping-Option – der L2 von WAVES

In der Praxis verwendet man also ein Rauschsignal, das hauptsächlich am oberen Rand des Spektrums liegt und welches – je nach Hersteller – spezielle Charakteristika (durch Noiseshaping) aufweisen kann. Wir verwenden wahlweise das Dithering von iZotope im VST Ozone und das IDR (im L1+/L2/L3) von WAVES. Letzteres wollen wir kurz vorstellen.

Üblicherweise wird abwärts konvertiert, also vom DAW-internen 32bit-Signal (über den Wandler mit 24Bit-Auflösung), herunter zu 16Bit für die CD. Daher stellt man für diesen Vorgang am Plugin den entsprechenden Wert am Parameter Quantize ein. Für andere Zwecke, wie Speicherung des Masters in höchstmöglicher Qualität oder Aufbereitung der Aufnahme für Multimedia-Zwecke, stehen bei L1+ und Co. zusätzlich 8/12/18/20/22 und 24Bit zur Verfügung. Ein weiterer Parameter findet sich unter dem Namen Dither, hier lässt sich der Prozess (de-)aktivieren und mit Type I und Type II in der Wirkungsweise vorwählen. Der Wert None steht hier für Truncation, dh. die unteren Bits werden einfach abgeschnitten – kein Dithering.

Für Mastering-Anwendungen wird vom Hersteller vornehmlich die Einstellung Type I empfohlen. Dabei bedeutet diese ‚Empfehlung‘ eine anwendungsbezogene Orientierung. Von Fall zu Fall kann es besser sein, den anderen Typ zu verwenden. Ein A/B-Vergleich mit beiden Positionen bringt dabei die optimale Variante ans Licht.

Das Noise-Shaping bildet den Dritten im Bunde. Hiermit wird erreicht, dass das Dither-Rauschen nicht gleichmäßig über den hörbaren Bereich verteilt wird, sondern man verlagert Anteile dahin, wo sie vom menschlichen Ohr weniger gut wahrgenommen werden. Trotzdem erfüllt das Dither-Rauschen technisch nach wie vor seinen Zweck, kann aber mit gleichem Pegel bei geringerer Wahrnehmung auf das Audiomaterial angewendet werden.

Hier gibt es wieder die Möglichkeit, die Stärke der Klangformung des Dither-Rauschens vorzuwählen; None/Moderate/Normal/Ultra. Von WAVES wird für die meisten Anwendungen, in denen maximale Qualität und ein Minimum an Dither-Rauschen vorliegen soll, Normal und Ultra empfohlen. Die optimale Einstellung findet sich auch hier wieder durch den A/B-Vergleich der Ergebnisse.

Nicht in jeder Aufnahme, nicht in jedem Genre ist das Fehlen des Ditherings tatsächlich auffällig. Dennoch wäre es grundsätzlich falsch, darauf zu verzichten. Ist man sich nicht sicher mit den Einstellungen, sollte man zuerst den Empfehlungen der Hersteller vertrauen, probeweise die Aufnahmen auf eine CD brennen und überprüfen,  ob tatsächlich noch irgendwelche hörbaren Artefakte an den kritischen, leisen Stellen (Fadings, Zäsuren) wahrnehmbar sind. Hier empfiehlt sich wieder die Verwendung eines geschlossenen Kopfhörers.

gedithertes Signal – 16Bit Hallfahne (verstärkt für bessere Hörbarkeit)

das IDR Dither-Rauschen auf dem Analyzer und Parameter im L2

 

Egal, ob ein Titel auf Cubase, Ableton, Reaper, Logic, Samplitude, Fruity Loops aka FL-Studio, Pro Tools, Garageband, Cakewalk Sonar, Digital Performer, Nuendo, Reason, Renoise, Tracktion, Studio One abgemischt, produziert oder gemastert wird, die Ziele des Masterings und die grundsätzliche Vorgehensweise sind identisch.