Höhen-Exciter und ‚Fat Bottom‘

Was macht ein Exciter?

Geräte zum Auffrischen einer Aufnahme, die zum Beispiel durch Lagerung Verluste im Klang erlitten hat, gibt es schon lange. Analog wie digital. Ebenso Hilfsmittel, die dezente Bässe in ein Tieftongewitter verwandeln können oder gar Frequenzen im Oktavabstand hinzufügen, statt den Grundton im Pegel nur anzuheben. Zur ersten Kategorie gehört der Exciter, welcher aus einem vorhandenen Klanggemisch die hohen Frequenzen ableitet, diese bis zur Verzerrung verstärkt und frequenzabhängig eine zeitliche Verschiebung (Phaseverschiebung) hinzufügt. Dieses Signal enthält ungeradzahlige Obertöne der Eingangsfrequenzen. Das Produkt dieser Formung kann dem ursprünglichen Mix wieder beigemischt werden. Hier liegt die Kunst vor allem wieder in der Dosierung.

Ähnlich arbeitet ein Gerät, welches dafür sorgt, dass ein etwas geringer Gehalt an tiefen Frequenzen im Mix angehoben wird, aber nicht (vorwiegend) durch Verstärkung der Restanteile des Basses, sondern durch Generieren von zusätzlichen Frequenzen – meist im Oktavabstand. Schlagwort Subharmonic Synthesizer. Hier wird ebenso der Teil an Frequenzen aus dem Mix abgegriffen, der zu kurz gekommen ist, verstärkt und dann einer Frequenzteilung oder -vervielfältigung unterzogen. Heutige Plugins gestatten auch die ungeradzahlige Teilung. Dies bedeutet, dass aus einem C nicht nur ein C eine Oktave tiefer werden kann, sondern auch jeder beliebige andere Tonschritt.

Üblicherweise und dem eigentlichen Zweck der Verstärkung eines mangelnden Bassanteils nachkommend, verfügen gebräuchliche Geräte hauptsächlich über Stellmöglichkeiten, um den ungefähren Bereich der zu verstärkenden Frequenz(en) eingrenzen zu können und zur Regelung der Beimischung des generierten Signals. Umgangssprachlich wird dieses zusätzliche ‚Fett‘-, oder ‚Phätt‘-Machen auch als Erzeugen eines ‚fetten (Hosen-)Bodens‘, englisch ‚fat bottom‘ oder ‚big bottom‘ bezeichnet. Dieser nicht ganz feine Ausruck meint eigentlich nur, dass der untere Bereich des hörbaren Frequenzbandes kräftiger wird. Auch hier soll der Algorithmus der Plugins für eine vergleichsweise geringe Anhebung des Gesamtpegels bei gleichzeitiger Hervorhebung des Bassbereiches sorgen.

Oft wird erwartet, dass ein Exciter oder ein ähnlich geartetes Gerät ein Allheilmittel für einen nur durchschnittlich gelungenen Mix bedeutet. Richtig ist, dass diese Klangformer bestimmte Anteile betonen, also hervorheben können. Nicht aber, dass ein einmal vermatschtes Signal in allen Bandbereichen wieder unendlich an Transparenz gewinnt. Diese ‚Tricks‘ gelingen nur bei bestimmten Frequenzbereichen und meist nur unter optimierten Abhörbedingungen. Daher sollten diese Effekte nur als dezente Bereicherung für einen bereits guten Mix verwendet werden.

Besser noch nur für einzelne Spuren, bei denen sich der Einsatz dieser Werkzeuge auch tatsächlich lohnt. So können z.B. Vocals in den Vordergrund gebracht werden, ohne auffällig lauter zu sein. Auch einzelne Instrumente, deren Position zwar gut wahrnehmbar ist, deren Obertöne aber etwas reichhaltiger sein könnten. Zum Beispiel eine Basedrum, deren Grundton unglücklicherweise sehr nahe an der Bassline liegt. Damit sie dennoch gut als ‚Kick‘ wahrgenommen werden kann, ohne dass der ‚Bauch‘ der Base lauter sein muss, wird mehr Wert auf das Durchdringungsvermögen in den höheren Frequenzen gelegt – ein Fall für den Exciter. Dies lässt sich zwar auch mit einem EQ erreichen, erfahrungsgemäß nimmt dies aber etwas mehr ‚Platz‘ im Signal in Anspruch.

Beispiel – Höhen-Exciter auf der Basedrum

Hier der Vergleich zwischen Eingangs- und Ausgangspegel im Exciter.  Selbst bei extremen Einstellungen ist unter Umständen, trotz deutlich hörbaren Zugewinns an hohen spektralen Anteilen, der Pegel immer noch (fast) gleich. Das Plugin für unser Beispiel ist ein griffiges, internes VST im REAPER für den schnellen und unkomplizierten Einsatz.

Stillwell Höhen-Exciter-VST im REAPER

Als Signal wurde eine Basedrum verwendet, die schon recht gut den Hintergrund zu durchdringen vermag, welche aber bei kräftig obertonhaltigen Flächen oder Percussions doch etwas ‚pappig‘ wird. Der Exciter wird per Automation wieder bei ca. der Hälfte zugeschaltet für den besseren A/B-Vergleich.

Höhen-Exciter auf einer Basedrum für besseres Durchdringungsvermögen

Wer es etwas pompöser mag, sprich Exciter für mehrere separate Bänder, dem sei das Mastering-Plugin Ozone von iZotope empfohlen. Hier hat man Zugriff auf 4 Abschnitte des hörbaren Spektrums, kann diese in Pegel und sogar Phase bis 10ms gegen das Original verschieben. Auch lässt sich Mono- und Stereoanteil wieder getrennt bearbeiten, was es beim Korrigieren von unterschiedlich positionierten Signalen innerhalb einer Aufnahme zu einem großartigen Werkzeug macht! Zum Beispiel lässt sich bei einer verhallten Snare der Raumklang mit Höhen anreichern, während die Snare selbst trocken bleibt – und umgekehrt.

Durch die Phasenverschiebung können kurze Signalspitzen verbreitert werden, was den Klang entsprechend ’satter‘ werden lässt. Man muss hier jedoch darauf achten, wie weit man das Delay auffährt; bei ungünstiger Einstellung kann es zum ungewollten ’stehenden Flanging‘ kommen. Dies führt zu unschönen Auslöschungen/Pegelüberhöhungen und damit zu klanglichen Verfärbungen.

die Exciter-Abteilung im Ozone mit griffigem M/S-Decoding – edel…

Hilfreiche Tools zum kräftigen Sättigen des Bassbereiches bei vergleichsweise geringer Pegelerhöhung sind z.B. von WAVES die Plugins MaxxBass und RBass. Hier wird wieder mit psychoakustischen Effekten gezaubert. Das eingehende tieffrequente Signal wird abgegriffen, verarbeitet und dem Original wieder zugemischt. Wahlweise kann das Original selbst sogar ausgeblendet werden und dennoch ist das Signal am Ausgang in Abhängigkeit von den individuellen Einstellungen um einiges ‚phätter‘.

Wichtig dabei, der ungleich höhere Zugewinn an Bässen, ohne dass der Pegel in selber Relation größer wird. Der Trick, es werden dem Ohr Frequenzen vorgegaukelt, die nicht wirklich mehr im Mix vorhanden sind (wenn, dann nur minimal und anteilig), aber durch Beziehungen von Obertönen dieser Frequenzen zueinander ‚müssten‘ diese eigentlich da sein; unser Gehör hat die Erfahrung irgendwann gemacht und fügt daher diese fehlenden Bausteine einfach hinzu. Somit hört man eigentlich nur darüberliegende Töne, welche energetisch weniger ‚Platz‘ im Mix einnehmen, nimmt aber scheinbar doch genau die eigentlich tieferen Frequenzen (mit höherem Energiegehalt) wahr.

Dies lässt natürlich mehr Spielraum für andere Instrumente und macht das Klangbild ein wenig transparenter. Bei diesen Tools ist die richtige Einstellung der Parameter Voraussetzung, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Dabei spielt – da es sich, wie erwähnt, um einen psychoakustischen Effekt handelt – neben Analyzer und VU-Meter erstrangig unser Ohr die Hauptrolle bei der Einschätzung, ob der Mix funktioniert.

Hörbeispiel – Der Bass-Exciter

In unserem Beispiel verwenden wir den RBass; das Eingangssignal ist ein wenig ‚dünn geraten‘ und um ein wenig mehr Druck in den höheren Tieftonbereichen zu bekommen, fügen wir ein paar Subharmonische hinzu.

Der RBass schafft ‚Wärme‘ bei nur moderater Pegelerhöhung.

Hier der Hörvergleich, ab der Hälfte wird der RBass aktiviert. Eine deutliche Zunahme der Tiefen bei nur geringer Pegelerhöhung ist deutlich hörbar.

Bass-Signal vor und nach dem Hinzufügen von Harmonischen 

Sehr gut zu sehen; die Fläche, welche der Tieftonbereich vorher überstrichen hat und wo die Kennlinie nach dem Einsatz des RBass verläuft. Ebenso die nur leichte Erhöhung der ‚Nachher‘-Kennlinie gegenüber dem Original. So erkennt man, dass tatsächlich der Bassbereich nach dem Einsatz des Plugins schwächer ausgeprägt ist als vorher und dennoch besteht der Eindruck, dass der Mix nun satter, kräftiger klingt.

Verschiebung der Bässe in den ‚energieärmeren‘ Bereich des Spektrums

Wie stellt man das Exciter-Plugin nun ein?

Linker Hand sieht man eine Pegelanzeige für den originalen Bassanteil. Darüber ein wichtiger Schalter. Steht dieser auf Out, wird nur der psychoakustisch veränderte Bassanteil in das Ausgangssignal gemischt. Zum Beispiel, wenn man ‚Platz‘ schaffen will und zusätzlich einen etwas kräftigeren Bass oberhalb des Grundtones möchte. Verwendet man den RBass aber, um den Mix nur mit weiteren Harmonischen anzureichern, stellt man diesen Schalter auf In. Damit wird auch der Bassanteil mit durchgeschleift, der sonst unterhalb der Frequenzen liegt, die für die Generierung der (Sub-) Harmonischen herangezogenen werden. Natürlich ist hierbei der Gesamtpegel höher als beim psychoakustischen ‚Tricksen‘. Mit dem Regler Frequenz legt man fest, wo diese untere Grenze des Filters ist, welcher das Audiomaterial zur weiteren Verarbeitung unverändert durchlässt – dies ist also ein Hochpass (High Pass).

Die Bedienelemente des RBass von WAVES

Frequenzen unterhalb des eingestellten Wertes werden somit durch den Schalter Out/In nur wahlweise zum Ausgang durchgelassen, Frequenzen darüber werden mit Harmonischen versehen. Mit Intensity lässt sich der Anteil eben jener zumischen. Hier sollte man in jedem Fall von unten beginnen dazuzuregeln. Ansonsten verfällt man schnell dem subjektiven Eindruck, dass der Mix zu ‚dünn‘ wäre. Mit hohen Anteilen an Subharmonischen klingt der Mix einfach zu verlockend ‚phätt‘. Spätestens auf einer HiFi-Anlage oder im fahrbaren Untersatz haut es aber die Membran vom Subwoofer

An dieser Stelle noch einmal der Tip, im Studio sollte außer den obligatorischen Linear-Monitoren unbedingt auch ein entsprechend abgestimmter Subwoofer vorhanden sein. Der Frequenzgang von Tischmonitoren ist üblicherweise in dem Bereich, wo es richtig ‚wummert‘ zuende bzw. verläuft zu flach. Vernünftiges Abhören der entsprechenden Frequenzen ist also nur mit zusätzlichen, dafür ausgelegten Systemen möglich.

Neben dem Regler für den Anteil der (Sub-) Harmonischen wird der Pegel derselben in dB angezeigt. Mit Gain kann man hier den Gesamtpegel wieder reduzieren, im Falle, der Mix hat zu heftig zugelegt. Die rechte Pegelanzeige stellt die Summe am Ausgang dar, darüberliegend weist der rot aufleuchtende Punkt auf ein Clipping hin. Nicht in jedem Fall muss dies bedeuten, dass es zu hörbaren Verzerrungen kommt. Auch hier sollte man vor allem seinem Ohr vertrauen und nicht nur nach den Messgeräten gehen.

Der MaxxBass arbeitet nach ähnlichem Prinzip. Hier kann man jedoch zusätzlich die Form des Hochpasses beinflussen, sprich, die Steilheit, mit der er das darunterliegende Material vom Rest des Signals trennt – welches dann wiederum mit Harmonischen versehen wird. Auch hat man die Möglichkeit, die Dynamik des generierten Anteils zu verändern. Mit Ratio stellt man das Kompressionsverhältnis der Harmonischen ein, mit Response das Abklingverhalten derer. Wie üblich sollte beim letzten Parameter vor allem wieder nach Gehör eingestellt werden, damit dies in einem natürlichen Klang, statt in Pumpen und Schmieren, resultiert. Der rechte Bereich des Plugins ist soweit selbsterklärend; mit den drei Fadern lassen sich die Signalanteile im Mix und je nach Geschmack verändern, die Schalter Audio, MaxxBass und Original Bass lassen ein Solo-Monitoring derer zu. Der Schalter In/Out aus dem RBass ist hier somit durch den mittleren Fader ersetzt wurden, was eine feinere Dosierung des originalen Bassanteils zulässt.

Damit wird der Bass sogar im Küchenradio wahrnehmbar.

Klanglich gibt es aufgrund des selben Wirkprinzips beider Plugins keinen Unterschied. Lediglich die Abstimmung der Parameter ist beim letzten VST etwas detaillierter möglich. Die grundsätzliche Verwendung  solcher ‚Fettmacher‘ ist jedoch Übungs- und Geschmackssache, sie kann einen Mix wirklich entscheidend bereichern, bei falscher Dosierung aber auch unbrauchbar machen. Das wiederholte Abhören auf verschiedenen Systemen während Mix und Mastering ist unbedingt notwendig, um letzterem Umstand optimal vorbeugen zu können.