Mixdown vs. Mastering

Kann ich die nötige Mix-Qualität liefern?

Wie im vorangegangenen Abschnitt  Selber Mastern? bereits dargelegt, ist die Frage, ob man selber mastert, von vielen Umständen abhängig. Wenn man sich entschieden hat, diesen Schritt des Prozesses zur Klangverbesserung aus der Hand zu geben, ist es sinnvoll, die Arbeiten, die man technisch selbst erledigen kann, zu optimieren.

Aus einem schlechten Mix wird mit dem besten Mastering kein optimales Ergebnis erwachsen!

Das heißt, dass der Grundstein einer guten Produktion eben nicht erst mit dem Master gelegt wird, sondern in Aufnahme und Mix. Hat man dort bereits ein gut ausgewogenes Klangbild erarbeitet, ist es wesentlich leichter, sich mit dem ‚Herauskitzeln‘ der finalen Verbesserungen zu beschäftigen, als wenn hauptsächlich Fehlerkorrektur betrieben wird. Entgegen vieler Meinungen, die auf Hören-Sagen beruhen, sorgt nicht vornehmlich das Mastering für den guten Klang – dieser sollte schon zu einem möglichst hohen, zufriedenstellenden Anteil nach dem Mix vorhanden sein. Guter Klang bedeutet, es gibt eben keine unangenehm hervorstechenden Einzelfrequenzen, keine überbetonten, oder extrem abgeschwächten Bereiche im Spektrum, keine Störsignale, deren Pegel im ungünstigen Verhältnis zum Nutzsignal steht, eine natürliche räumliche Verteilung der Klangquellen, keine störenden Überdeckungen von gleichartigen Spektren und einiges mehr. Dass der Pegel dieses Summensignales nicht dem Endpegel der Produktion entsprechen sollte, ist, wie wir später feststellen werden, von großer Wichtigkeit.

Mastering vs. Mixdown aus der Sicht des Produzenten / Künstlers

Es empfiehlt sich, wenn eine Produktion – die aus Kostengründen als Mix-Summe – außer Haus gegeben wird, beim Mastering-Studio nachzufragen, welche technischen Eckdaten jenes üblicherweise voraussetzt. Dies betrifft neben der Art des Datenträgers, des Datenformates, der Auflösung des Audiomaterials auch die Aussteuerung und Kompressionsrate des Summensignals. Dieses ‚rohe‘ Gemisch aller Spuren, die ihrerseits bereits so gut wie möglich als Einzelsignal und als Signale untereinander optimiert sein sollten, nennt sich Mix oder Mixdown.

Ist dieser in seiner Konsistenz schon ein ‚angenehmes‘ Material, verbleibt dem Mastering-Ingenieur weniger Arbeit, um das Produkt auf sein maximales, qualitatives Niveau zu bringen – und spart dem Produzenten somit bares Geld. Das Mastering beschränkt sich eigentlich nur auf ‚Feintuning‘ innerhalb eines Titels bzw. in einem Albums werden Titel untereinander, entsprechend der festgelegten Titelfolge, angepasst. Legt man dem netten Herrn am Mischpult jedoch eine Aufnahme vor, die in diesem Zustand Membranen von HiFi-Boxen flattern und ploppen lässt oder die bei normaler Zimmerlautstärke stellenweise einfach schmerzhaft für das  menschliche Ohr ist, dann werden Stunden mit Korrekturversuchen vergehen. Erfahrungsgemäß lassen sich derartige Störungen im Audiomaterial nur auf Kosten des Gesamtergebnisses beseitigen oder besser, suboptimal kaschieren.

Der Profi im Mastering wird nach einem kurzen Durchhören des Materials schnell einschätzen können, ob es sich lohnt, mit genau diesen Aufnahmen zu arbeiten. Oder ob es nicht wesentlich sinnvoller ist, statt eine Schönheitskorrektur vorzunehmen, die Fehler im einzelnen zu eliminieren und einen neuen Termin zu machen. Hilfreich ist natürlich, wenn im Detail vermerkt wird, WO genau das Problem liegt. Bei der knappen Info ‚Klingt scheußlich, mach neu!‘ sollte man das Studio wechseln – ein gewisses Entgegenkommen ist schließlich im Sinne beider Seiten; ein gutes Ergebnis wird immer auch eine gute Referenz sein. Dennoch sollte man nicht erwarten, daß sich ein kommerzielles Studio unzählige Stunden mit Gratis-Tipps leisten kann.

Mastering vs. Mixdown aus der Sicht eines Labels

In der Praxis hat sich gezeigt, dass Labels, wenn sie Audiomaterial von Künstlern bekommen, dieses entweder aufgrund der schlechten Qualität nicht verwenden können oder dieses aber gut genug ist, um es mit entsprechendem Aufwand zu optimieren, marktfähig zu machen. Hat man die Möglichkeit, sich mit den Künstlern/Produzenten detailliert über technische Optionen vor oder während einer Musikproduktion auszutauschen, kann positiv Einfluss auf  das Klangbild genommen werden, bevor erste Fehler überhaupt auftauchen.

Hier entscheidet sich für den Produzenten / Künstler; mach‘ ich das Mastering auch noch oder liefere ich besser einen 1A-Mixdown ab?

Da in den meisten Fällen beim Label eine ‚Summe‘ als finale Aufnahme abgegeben wird und ein (kleines) Label selten über die zeitliche Kapazität verfügt, jede eingehende Produktion in einzelnen Spuren selbst zu mischen & zu mastern, werden wir uns hier nur auf die letztgenannte Option beschränken. Wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, sieht es bei Labels mit starkem finanziellen Hintergrund meist auch anders aus, bzw. leistet man sich dort den Luxus, Produktionen, die nicht schon von vornherein musikalisch und klanglich sehr hochwertig sind, spätestens an den Toren des A&R abzulehnen.

Dass dort dennoch ‚Homerecordler‘ in den Genuss einer professionellen Überarbeitung ihrer Titel in separaten Spuren kommen, liegt daran, dass deren eigentliches Potential im Bereich Musik erkannt wurde und das ‚Freischaufeln‘ des klingenden Goldes lediglich eine Frage des korrekten Technikeinsatzes bedeutet. Man lässt sich dort nicht von einer suboptimal gelungenen Aufnahme irritieren – dies ist schließlich Tagesgeschäft eines Labels.

In jedem Falle sollte man beim Label nachfragen, ob eine ‚gemasterte‚ Version des Titels abgeliefert werden sollte oder eben ein Mixdown. Je nachdem, welchen Aufwand das Label bereit ist in Qualität zu investieren, wird es sich für das finale Material oder eben dessen Vorstufe entscheiden.

CandyRush-Music war als Indie-Label mit kleinem und ständig emsig beschäftigtem Team natürlich bemüht ein Ergebnis anzustreben, das den industriellen Standards so nahe wie möglich kam. Dennoch konnten wir es uns zeitlich absolut nicht leisten, jede Produktion in einzelnen Spuren selbst zu mischen und zu mastern. Zumal die Künstler/Produzenten überall auf dem Globus verteilt waren und gewisse  Sprachbarrieren einen kontinuierlichen Workflow verhinderten. Dennoch musste eine optimale Lösung für Künstler, Label, Produktion und Zeitbudget gefunden werden.

Wir hatten uns aufgrund unserer Erfahrungen der letzten Jahre entschieden, unsere ‚Musiklieferanten‘ dahingehend zu instruieren, den oben angesprochenen Mixdown so gut wie möglich zu erstellen und dafür von einem Mastering im Kinderzimmer-Ambiente abzusehen. Es gab bislang nur eine kleine handvoll positive Ausnahmen, wo das Audiomaterial kaum einer weiteren Nachbearbeitung bedurfte. Womit sich auch die gängige Erfahrung bestätigte, dass es den wesentlich höheren Prozentsatz an weniger gelungenen Homerecording-Masterings tatsächlich gibt. Die Gründe hierfür wieder; fehlende optimierte Räumlichkeiten, fehlende Routine, fehlende Zeit (durch das Arbeitsleben), um sich ausreichend Kenntnisse in diesem Gebiet anzueignen. Weiterhin gab es da die vornehmliche Beschäftigung mit der Produktion (technisch sowie musikalisch), das ständig Up-To-Date-Bleiben(-wollen) in der aktuellsten Hard- und Software.

Hier nun einige Praxisbeispiele, wie ein Mixdown klingen und aussehen sollte, damit ein vernünftiges Mastering erfolgen kann.

Zuerst sollte man auf Selbstverständlichkeiten achten, z.B. dass keine Übersteuerungen im Material vorhanden sind, kein auffälliges Rauschen an Titelanfängen und -enden, kein Knacksen, keine Klicks und Aussetzer. Viel zu oft wird an dieser Stelle nachlässig gearbeitet (mehr als 50% aller Trax, die wir bekamen!!!) und die allzu menschliche ‚Tugend‘ Faulheit kam hier auch zum Zuge; nach dem Rendern vertraute man einfach darauf, dass die Aufnahme schon irgendwie okay sein würde…

Falsch!

 

Hier ist der Moment gekommen, auf den wir im vorangegangenen Kapitel kurz hingewiesen haben. Nicht immer ist der Einsatz des Kopfhörers beim Mastern sinnvoll – hier aber ganz sicher. Er bietet bei entsprechender Ausführung die Möglichkeit, abgeschirmt von Fremdgeräuschen von außen und gut getrennt von Schall, der durch Bewegung von Kleidung und Körper des Mastering-Ingenieurs entsteht, die Aufnahme konzentriert und fokussiert auf Störungen durchzuhören. Dies sollte man bei allem Zeitaufwand natürlich auch bei kompletten Alben tun. Nichts ist ärgerlicher, als eine vermeidbare Störung, die auf Tausenden CDs für jedermann hörbar ‚verewigt‘ ist – weil man ein wenig faul war…

Normalerweise hört man störende Signale im Klanggemisch gut heraus, wenn diese stark genug sind und nicht von anderen Klängen überdeckt werden. Aber da wir immer noch vom Mixdown reden, welcher noch nicht den finalen Pegel der Produktion trägt und wo spektrale Korrekturen ein Teil der Nachbearbeitung sein können, ist es denkbar, dass durch  spätere Anhebungen plötzlich Klangereignisse hörbar werden, die vorher untergegangen sind. Feinstes Rauschen eines ‚preiswerten‘ AD oder DA-Wandlers in der Audio-Schnittstelle kann nach dem Nachvornebringen der HiHats ein permanentes Störsignal darstellen. Diese Quellen vorab zu identifizieren, sollte man am besten unter (gut abgestimmten) Kopfhörern – für diesen Zweck natürlich geschlossene Systeme.

Der selbe Vorgang muss nun auch über die Monitore wiederholt werden. Wahlweise ohne zugeschaltete Monitore für Basswiedergabe im Tiefsttonbereich (Subwoofer). Diese rufen, im Falle, dass in Wohn- oder Kellerräumen Studioarbeit betrieben wird, gern mal unschönes Mitschwingen von Gegenständen und Einrichtungen hervor. Unter diesen Umständen lässt sich natürlich schlecht einschätzen, ob das ‚Rattern‘ auf dem Bass dem Mixdown entspringt oder dem in Resonanz geratenen Werkzeugkasten im Schrank…

 

Auf dem Bildschirm sollte ein Mixdown (genreabhängig!) ungefähr so aussehen:

Pegelspitzen erreichen nicht nur nicht 0dB, sie sind im besten Fall sogar noch einige dB davon entfernt. Dies wird bezeichnet als Headroom – der Abstand zwischen der höchsten Signalspitze (Peak) und 0dB FS (Full Scale).

Warum mehr ‚Luft‘ lassen?

Der Grund hierfür liegt darin, dass eine noch nicht gemasterte Aufnahme im Masteringprozess mit Sicherheit Überarbeitung durch Equalizer und andere Klangformer erfährt, welche ihrerseits Pegelanhebung/-absenkung verursachen. Dies aber zweckentsprechend entweder breit- oder schmalbandig. Trotz kräftiger Anhebung eines begrenzten Spektrums oder einiger weniger nahe beieinander liegender Frequenzen,  soll die Summe der Signale natürlich immer noch u n t e r 0dB bleiben. Dass dies trotz kräftiger Eingriffe in die Zusammensetzung des originalen Spektrums der Aufnahme der Fall bleibt, ist eine der Aufgaben dieser ‚Reserve‘, genannt Headroom. Leicht vorstellbar, dass bei diesem Audiomaterial

schon kleine Korrekturen mit dem Equalizer Peaks bis/über 0dB verursachen werden. Als praktikabler Headroom für einen bereits gut ausbalancierten Mixdown haben sich ca. 3dB erwiesen. Wer mit gutem Equipment arbeitet und keine Probleme mit dem Signal/Störsignal Verhältnis zu befürchten hat, der kann auch mit einem größeren Wert, z.B. 6dB, arbeiten. Nicht zu vergessen, diese Werte bedeuten den Abstand zwischen dem höchsten Peak der gesamten Aufnahme und 0dB! Sprich, das VU-Meter (Meßgerät zur Pegelanzeige) schlägt bis maximal -3dB bzw. -6dB aus.

Sollte man nun feststellen, dass der eigene Mix bereits zu kräftig ist, um einen sinnvollen Headroom für das Mastern zu gewährleisten oder gar 0dB erreicht/überschritten haben, ist folgendermaßen vorzugehen. Um die Relationen der Pegel der einzelnen Instrumentenspuren untereinander beizubehalten, sollte man sich deren momentan eingestellten Wert notieren oder je nach System speichern und sichern. Dazu regelt man sämtliche Fader von ihrem momentanen Wert genau 3dB (oder mehr – aber im gleichen Maße) herunter.

Dieser Vorgang sollte nun so oft wiederholt werden, bis der gewünschte Mindest-Headroom erreicht ist. Nebenbei, man wird selten sehen, dass sich ein Tontechniker mit Rechner und Messgerät ständig seine Pegel ausrechnet. Vieles geht irgendwann aufgrund von Erfahrungen ‚ins Blut‘ über, das Einstellen von Näherungswerten reicht normalerweise völlig aus.

Die Dichte eines Mixdowns hängt direkt davon ab, wie stark die einzelnen Instrumentenkanäle bereits komprimiert wurden, wie deren Pegelverteilung über der Zeitachse innerhalb einer Aufnahme verteilt sind. Je nach Musikrichtung kann die Wellenform einer Aufnahme eine spezifische Charakteristik haben. Beispiel; ein Titel aus dem Bereich Klassischer Elektronischer Musik oder Chillout…

…weist oftmals mehr getragenere Partiturabschnitte auf als ein Stück aus dem Genre Trance…

…und legt eindeutig mehr Wichtung in größere Dynamik als in Lautheit. Das Ergebnis ist, dass selbst eine Aufnahme, die zu 100% aus synthetischen Klängen besteht, dennoch ein natürlicheres Klangerlebnis darstellt, als ein für die Industrie ‚zusammengefaltetes‘ Stück, welches zwar auch je nach Genre akustische Instrumente beinhaltet, aber mit einem DR5 unangenehm ‚maschinenhaft‘ laut und impulsarm klingen kann.

Je nach Zielstellung muss hier überlegt werden, ob man zugunsten des besseren Klanges für ein leiseres, aber dynamischeres Ergebnis entscheidet oder, ob der kommerzielle Zweck im Vordergrund steht. Eine Gratwanderung kann in den Ohren eines Audio-Gourmets zwar eine gute Lösung sein, in manchen Fällen, wo es um reine Unterhaltung geht – und eine entsprechende Wertschätzung der Vorzüge höherer Dynamik erfahrungsgemäß nur im geringen Grade zu erwarten ist – kann ein Pro für niedrige Lautheit durchaus eine Fehlentscheidung sein.

Da wir selbst Produktionen aus genau diesen beiden Richtungen bearbeitet haben, waren diese Entscheidungen Tagesprogramm. So gab es Alben, bei denen nachträglich kaum Kompression angewendet wurde im Mastering, lediglich kleinere Anpassungen mit EQs und dezente Begrenzungen mit Limitern. Hier war die Dynamic enorm wichtig – weniger, dass es in den Boxen ‚kracht‘.

Wiederum im Bereich Trance, wo das finale Signal genreüblich eine wesentlich höhere durchschnittliche Lautheit aufweist, haben wir häufig mit Mixdowns gearbeitet, welche von Hause aus bereits ‚kräftiger‘ waren. Deren maximale Dynamik hing hauptsächlich davon ab, wie geschickt die Produzenten ihre Technik beherrschten und wie sie unseren Empfehlungen nachkamen. Nach dem Mastern blieb natürlich nur ein Teil dieser ursprünglichen Dynamik erhalten, diese wurde jedoch nur soweit verringert, wie wir es nach klangästhetischen Maßstäben vertreten konnten. Diesen Punkt zu finden ist mit Sicherheit nicht einfach und in jedem Fall von einer gewissen Subjektivität begleitet.

 

Für das Genre Trance okay – eine Aufnahme mit einem DR8

 

Klingt einfach nicht mehr schön…. DR5

 

 

Der hörbare Unterschied ist natürlich auch sichtbar